Von Werner Rothe
Erläuterung zum Notgeld
Zur Geschichte in Deutschland:
Im August 1914 als der Erste Weltkrieg ausbrach, war Deutschland so reich, dass für jeden Bürger im Reich, im Pulverturm in Berlin-Spandau, 1000 Mark in Form von Goldbarren vorhanden war. Zu dieser Zeit war die Mark zu 100 Pfennigen gültiges Zahlungsmittel. Im Umlauf waren 1 Pf und 2 Pf in Kupfer; 5 Pf und 10 Pf in Nickellegierung; 20 Pf in Silber (so genannte kleine Schwimmer); 20 Pf und 25 Pf in Nickel; 50 Pf, 1/2 Mark, 1 Mark, 2 Mark, 3 Mark und 5 Mark in Silber. Geldscheine gab es in Stückelungen von 1 Mark bis 1000 Mark.
Im Randgebiet des Deutschen Reiches gab es ab August 1914 Notgeld in Form von Quittungen und Kriegsgeld (klassisches Notgeld). Da sämtliche Metalle der Münzproduktion für die Kriegsrüstung gebraucht wurden, verschwanden nach und nach die kleinen Zahlungsmittel Dadurch wurde der Handel in den Geschäften erschwert und viele griffen in dieser Zeit, bei Pfennigbeträgen, auf Briefmarken zurück. Da diese aber schon nach wenigen Tagen unansehnlich wurden, eigneten sie sich nicht als Zahlungsmittel. Aus diesem Grund traten am 14. Februar 1917 Gewerbetreibende an den Rat der Stadt heran, mit der Bitte um Ausgabe von Notgeld. Dies wurde auf der Rückseite des Bitt-Schreibens durch die Unterschrift jedes Einzelnen bekundet.
Als erste Stadt der Region gab Zeulenroda bereits am 10 Dezember 1916 Notgeldscheine von 10 Pf und 50 Pf aus.
Aus dem Protokoll der Gemeinderatssitzung der Stadt Neustadt an der Orla vom 23. Februar 1917, Akte 1319, geht hervor, dass 10.000 Notgeldscheine zu 50 Pf bei der Druckerei Wagner bestellt wurden. Da die Scheine innerhalb von fünf Tagen vergriffen waren, sah sich der Rat der Stadt genötigt, die Auflage bei der Druckerei Wagner um 10 000 Stück zu erhöhen. Diese "Verkehrsausgaben" waren aufgrund des Geldbedarfes bei den Gewerbetreibenden sehr beliebt.
Der Bedarf war jedoch größer, so dass am 14. 06. 1918 bei der Firma Henning in Greiz nochmals 20 000 Scheine zu 50 Pf bestellt wurden.
Da die Nachfrage nach Notgeld weiterhin ungebrochen war, wurde am 01.11.1918 bei der Firma Henning in Greiz nochmals ein Nachdruck von 20.000 Scheinen zu 25 Pf und 21 500 Scheinen zu 50 Pf geordert.
Nach Ende des Krieges fehlten zum Wiederbeleben der Wirtschaft die geeigneten Zahlungsmittel, so dass die Städte von der Staatsbank angewiesen wurden Großgeldscheine über 5, 10 und 20 Mark auszugeben. Diese Scheine, welche heute unter dem Begriff "18-er-Großgeldscheine" bekannt sind, wurden speziell für Lohnzahlungen benötigt. Sie mussten innerhalb von drei Monaten eingewechselt werden, da sie sonst ihre Gültigkeit verloren.
Es gab auch Städte, die 50 Mark-Scheine drucken ließen. Diese hatten allerdings nur eine Gültigkeit von 4 Wochen. Die Kosten für den Druck der Großgeldscheine wurden zu 1/3 von der Staatsbank zu 1/3 von den Städten und zu 1/3 von den ortsansässigen Bankgeschäften übernommen.
Die Neustädter Großgeldscheine wurden bei der Firma Jüttner in Saalfeld hergestellt. Da der Bedarf an Notgeld jedoch immer größer wurde, wurde am 15 Oktober 1919 bei der Firma Henning in Greiz eine 4. Auflage von 10, 25 und 50 Pf bestellt. Die 5 Auflage erfolgte dann am 23 April 1920 und ist mit den Werten 5, 10, 25 und 50 Pf heute als Rathausserie bekannt.
Im Juni 1921 wurde von der Stadt ein Wettbewerb ausgerufen, bei dem die Neustädter Bevölkerung aufgerufen wurde, Notgeldscheine zu entwerfen. Dieser wurde vom Oberlehrer Comter mit seinen Entwürfen 10, 25, 50 und 75 Pf gewonnen. Diese Scheine wurden dann am 01. 07. 1921 von der Firma Arndt in Jena gedruckt und stellten die 6. Auflage dar. In den darauf folgenden Wochen bewarb sich der Kunstmaler Kötschau aus Jena bei der Stadt mit einem Entwurf von Notgeldscheinen. Es waren sechs verschiedene 50 Pf-Scheine im Vier-Farben-Druck, auf denen die geschichtlichen Begebenheiten der Stadt abgebildet waren. Er hatte Erfolg, so dass seine Scheine am 01 September 1921 bei der Firma Arndt in den Seriendruck gingen. Somit gab es von der Stadt Neustadt an der Orla insgesamt sieben Notgeldausgaben. Zwar gab es noch einen weiteren Entwurf von einem Herrn Gösele mit zweimal 25 Pf und viermal 50 Pf, welche jedoch nie gedruckt wurden.
Die Kreisboten-Druckerei Wagner hatte am 01. August und am 1. September 1921 Trägerlohnscheine von 4 Mark gedruckt und an ihre Zeitungsträger ausgegeben. Am 01. November 1921 folgte ein Trägerlohnschein über 5 Mark. Weiterhin wurde von der Druckerei Wagner ein Notgeldschein ohne Datum und mit einer Gültigkeit für den Oktober 1921 ausgegeben.
Am 01. Oktober 1921 hat die Kreisboten-Druckerei am Neunhofener Tor einen 1,50 Mark-Schein mit der Stadtansicht von Neustadt an der Orla herausgegeben. Am 01. November 1921 folgte ein 1,50 Mark-Schein mit der Stadtansicht von Weida und am 01. Dezember 1921 ein 0,75-Mark-Schein mit der Stadtansicht von Triptis. Mehr Ausgaben von 1921 gibt es nicht.
Von 1922 sind bisher keine Ausgaben von Notgeldscheinen bekannt, weder von der Stadt noch von Betrieben
Nach Fortschreiten der Inflation hat die Druckerei Wagner am 09. August 1923 einen grauen Notgeldschein von 500.000 Mark und einen gelben 1 Million-Schein herausgebracht. Ein weiterer grau-grüner Notgeldschein über 3 Millionen Mark folgte am 16. 08. 1923. Auf der Vorderseite dieses Scheines befindet sich im Unterdruck der Schriftzug "Industrie-Platzanweisung", die Rückseite ist leer.
Ab dem 06. September 1923 gab es einen weiteren Notgeldschein als Lohnscheck. Er war weiß und seine Rückseite war nicht bedruckt.
Die Druckerei W. Tschirpe, hinter der Kirche, wo sich heute das Heimatmuseum befindet, hat am 24. August 1923 farbige Notgeldscheine über den Wert von 1, 2 und 3 Millionen Mark herausgegeben. Am 12. September 1923 folgten 1,3,5 und 10 Millionen Mark als farbige Notgeldscheine. Auf der Vorderseite dieser Scheine ist oben in der Mitte ein Trockensiegel der Stadt Neustadt als Fälschungsschutz angebracht. Auf der Rückseite befindet sich der Schriftzug "Industrie-Platzanweisung der Stadt Neustadt/O". Weitere Scheine der Druckerei W. Tschirpe sind nicht bekannt.
Weiterhin gibt es von der Neustädter Commerzbank einen 2-Millionen-Schein (Postkarten-Scheck) vom 21. August 1923, auf dem die Anschrift fehlt und nicht bekannt ist, wo er gedruckt wurde.
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